Die Leute am Dschabal in Marokko
In der Hoffnung gescheitert, über die spanische Exklave Melilla nach Europa zu gelangen, siedeln im Norden Marokkos, fernab des nächsten Dorfes Zaio, tausende Flüchtlinge aus den Kriegsgebieten Syrien und Nordirak.
Die Flüchtlinge leben unterhalb eines Bergmassivs. Die Einheimischen nennen sie: "die Leute am Berg". Berg heißt auf arabisch "Dschabal" oder "Dschabel", daher wird das Projekt im Sozialkreis auch mit "die Leute am Dschabal" bezeichnet.
Hilfe durch den Sozialkreis Sulzbach
Der Sozialkreis unterstützt seit 2017 das Geschwisterpaar Karina und Raschid Al-Kebdanmi aus Zaio, das 21 Flüchtlingsfamilien hilft. Diese Flüchtlingsfamilien leben in verlassenen Kasernenruinen unterhalb des Dschabals.
Die beiden Geschwister, ein Ingenieur und eine Friseurin mit Vorfahren aus Deutschland, leisten den ansonsten sich selbst überlassenen Menschen humanitäre Nothilfe, sammeln Lebensmittel und Kleidung, transportieren Trinkwasser in das nur über eine Sandpiste zu erreichende Camp.
Spenden
Spenden für „Die Leute am Dschabel“ auf das Konto des Sozialkreises Sparkasse Miltenberg-Obernburg, IBAN: DE98 7965 0000 0501 4059 48 oder RV-Bank Miltenberg IBAN: DE15 5086 3513 0000 4516 65. Bitte im Betreff "Dschabal" angeben.
Dschabal September 2021
Im September 2021 war Bassam Manawi wieder in Marokko.
Er hat seine Eindrücke in einem Brief zusammen gefasst:
"Ich habe letzten Monat unsere Freunde in Marokko besucht. Ich war das letzte mal vor 2 Jahren dort. Es gab Wegen Corona keine andere Möglichkeit. Das war eine sehr schöne Reise und es lief auch alles in Ordnung. Und alle Leute haben sich sehr über meine Ankunft gefreut und haben mich auch sehr vermisst. Im Asylheim hat vieles gemangelt, ob Lebensmittel oder Klamotten oder einfachste Medizin. Grund dafür war eben auch Corona Weil die Grenzen zwischen Marokko und Spanien geschlossen waren. Ich habe mein bestes versucht um dort den Leuten eine kleine Hilfe zu sein.
Insgesamt haben wir 400 kg Kleidung verteilt und einen Rollstuhl und einen Toilettenstuhl und einen Rollator und zwei Krücken. Ich habe es den Leuten gegeben die das sehr nötig hatten aber reichen tut das noch lange nicht. Die Menschen dort sind noch auf sehr viel Hilfe angewiesen. Wir haben getan was wir konnten.
Die Leute dort sind sehr dankbar für unsere Hilfe und schätzen auch sehr die Arbeit von Markt Sulzbach. Ich soll uns allen einen herzlichen Dank ausrichten aus Marokko"
Hier finden Sie eine Zusammenstellung seiner Fotos: https://www.pg-sulzbach.de/sozialkreis/sozialkreis-dschabal/marokko-2021
Dschabal Mai 2018
Die Lage am Dschabal im Mai 2018
Mitte Mai ist Bassam Manawi wieder aus Marokko zurückgekehrt. Er hat dort Karima und Raschid Al-Kebdani besucht. Mit den beiden privaten Flüchtlingshelfern zusammen hat er Hilfsgüter, vor allem Lebensmittel, für die Leute am Dschabal gekauft und verteilt. Die Familien haben sich sehr, sehr über die Zwei-Monatsrationen bestehend aus Mehl, Öl, Reis, Gemüse und ein wenig Fleisch gefreut.
Auch konnte Bassam einige Erneuerungen bestaunen. So haben die Leute dort ihre selbst gebaute Zisterne für Regenwasser neu gefasst, aus der sie einem Eimer am Seil zumindest Wasser zum Waschen und Spülen entnehmen.
Trinkwasser muss nach wie vor mühsam mit dem Esel aus dem nächsten Dorf drei Kilometer entfernt geholt werden. Von den Spendengeldern aus Sulzbach wurden auch kleine Gasflaschen gekauft, mit denen die Menschen Wasser in einem Topf zum Waschen erwärmen können.
Außerdem besorgte Bassam ein Solarpanel besorgt, mit dem Autobatterien in den Baracken geladen werden, die wiederum einer Leuchte sowie einem kleinen Kühlschrank Strom. Aber auch in Sachen öffentlicher Stromversorgung gibt es gute Nachrichten: Die marokkanische Verwaltung vor Ort hat zugesagt, die Stromleitung wieder dauerhaft in Betreib zu nehmen- bisher war der Strom nur zeitweise angeschaltet.
Nicht zuletzt hatte Bassam viele weitere wichtige Kleinigkeiten im Gepäck, wie zum Beispiel eine Salbe – in Marokko unendlich teuer, bei uns günstig. Diese verschaffte einem der Erwachsenen zumindest etwas Minderung seiner Dauerschmerzen.
Dschabal Februar 2019
Es geht voran am Dschabal
Mitte Februar war Bassam Al-Manawi zum dritten Mal in Marokko. Er besuchte Familie Al-Kebdani und nahm die Situation der Menschen am Dschabal in Augenschein. Seit zwei Jahren unterstützt der Sozialkreis mit den Spenden vieler Sulzbacher Bürger*innen Flüchtlingsfamilien, die im Norden Marokkos gestrandet sind, vor den Toren Europas um die spanische Exklave Melilla. Mit vielen unterschiedlichen Eindrücken ist er wieder heimgekehrt. Andreas Bergmann hat ein Interview mit ihm geführt.
A. Bergmann: Bassam, wie geht es den Menschen am Dschabal?
B. Al-Manawi: Im Vergleich zum letzten Mal hat sich vieles verbessert. Das wussten wir ja schon über Videos und Bilder, die mir Karima und Raschid Kebdani geschickt haben. Aber es ist natürlich wunderbar, sich das alles selbst vor Ort anzuschauen und vor allem die tiefe Dankbarkeit der Menschen zu spüren. Zum Beispiel haben unsere beiden Gebäude Strom und zwar den ganzen Tag. So können die Familien jetzt einen gemeinsamen Kühlschrank und eine Waschmaschine nutzen, die mit Spenden aus Sulzbach gekauft wurden. Auch haben wir Raschid beim Kauf des dicken Stromkabels unterstützt. In Absprache mit den Behörden hat er dann 500 Meter überbrückt und so kurzerhand die beiden Häuser selbst angeschlossen.
Mich freute auch, die Kinder in ihren schönen, vor allem warmen Pullovern, Hosen, Schuhen und Anoraks zu sehen. Vieles habe ich wiedererkannt (lacht). Auch die Schulsachen sind im Einsatz und werden wie kleine Reichtümer behandelt. Die beiden Gebäude (Anm. AB: eingeschossige Atriumhäuser, in denen von einer Familie jeweils ein Raum bewohnt wird) sind von den Menschen selbst ganz gut hergerichtet worden. Das Wasser aus der Zisterne ist weiterhin gesichert, die Kochstellen der Familien wurden durch uns z.B. mit größeren Töpfen ausgestattet.
Unsere monatlichen Spenden für Lebensmittel sind vor allem für die Kinder wichtig, um wenigstens ohne Hunger leben und sich entwickeln zu können. 20 € pro Familie stellen wir Familie Kebdami zur Verfügung, um Reis, Öl, Mehl und Gemüse kaufen zu können. Fleisch ist zu teuer und deshalb nicht möglich.
A.B.: Bassam, ich habe den Eindruck, Familie Kebdani ist so etwas wie der dortige Sozialkreis...
B.A.: Ja, mittlerweile sind weitere Familienmitglieder und Verwandte in der Flüchtlingshilfe aktiv. Damit vor allem Familien, die noch weiter abseits in den Bergen leben, ins Dorf Zaio ziehen können, haben die Kebdanis zwei garagenartige Gebäude auf ihrem Gelände umgebaut. Dort sollen auf jeweils 36 qm zwei bis drei Familien gemeinsam wohnen. Toiletten, Bad und Küche werden gemeinsam genutzt. Auch eine Familie mit einer bettlägerigen Oma, die ich schon beim letzten Besuch kennengelernt habe, wird dort einziehen. Dafür haben wir bereits ein Pflegebett geschickt, das wir ihnen ausleihen. Diese Frau mit ihren Beschwerden in Decken auf dem Boden kauernd zu sehen, war unmöglich!
Die Gebäude sollten eigentlich vor dem Winter fertig werden, aber das hat aus verschiedenen Gründen nicht funktioniert. Als ich jetzt dort war, wurden gerade die Türen und Fenster eingebaut, für die wir einen Zuschuss gegeben hatten.
A.B.: Vieles hat sich also schon zum Besseren gewendet, vor allem durch das Engagement der Kebdanis, aber auch mit der großen Unterstützung aus Sulzbach. Wo siehst Du die Perspektive für die Menschen? Was muss sich weiter verbessern?
B.A.: Allein, dass die 20 Familien zumindest die ärgsten Überlebenssorgen los sind, lässt sie aufatmen und selbst aktiv werden. Das verdanken sie zum Teil unserer Unterstützung, aber auch vielen weiteren Menschen vor Ort, die immer wieder Lebensmittel und zubereitete Speisen bringen. Ob sie irgendwann einmal ganz für sich selbst dort sorgen können, bezweifle ich. Zu schlecht ist der Boden, zu groß ist die Arbeitslosigkeit. In dieser Region sind einfach zu viele Flüchtlinge, dass nicht jeder eine Arbeit finden wird. Die jungen und ungebundenen Leute haben am ehesten eine Chance. Mich hat beispielsweise die Begegnung mit einer Familie geschockt. Auf dem Nachhauseweg vom Dschabal sind wir dort eher zufällig vorbeigefahren und angehalten. Uns begrüßten freudig sieben Kinder, die uns entgegenliefen. Erst als ich mit ihnen sprach, fiel mir auf, dass sie keine Schuhe anhatten, und das bei 5 Grad und steinigem Boden! Auf die Frage, wo denn ihre Schuhe seien, sagten sie - nach kurzem schamhaften Schweigen - dass sie überhaupt keine besäßen. Das tut mir im Herzen weh. Das Leben dort ist einfach nur hart, für diese Kinder und ihre Familien ist das Leben Tag für Tag ein einziger Überlebenskampf.
Andreas Bergman
Info-Matinee März 2018
Info-Matinee März 2018
Im Rahmen einer Info-Matinee berichtete der Sozialkreis Sulzbach am 4. März 2018 ausführlich über die Situation. Die Teilnehmer sprachen sich im abschließenden Gespräch mehrheitlich für die Fortführung der Hilfe durch den Sozialkreis aus. Favorisiert wurde die Idee, zur Spendenaktion „1-Euro-pro-Tag“ aufzurufen; dreißig Euro im Monat reichen nämlich aus, damit eine Familie das Notwendigste zum Überleben hat. Details finden Sie im folgenden pdf-Download.